Wohin flüchten Pferde?

14.10.2023
Philosophie / Mindset, Sammlung

Dies ist ein besonderer Blogartikel, in dem ich dich mit in einen poetischen Ausdruck meiner Gedankenwelt nehme. Als ich in einem Schrank eine verstaubte Postkarte gefunden habe, auf die ich den Text gedruckt hatte, habe ich erstmal nachgesehen, wann ich ihn verfasst hatte. 2015. Dennoch ist das Thema nicht weniger aktuell. Aber nun ließ selbst und lasse dich berühren:

Wohin flüchten Pferde?

Ich spüre wie der Wind mir um die Nase kitzelt. Er durchkämmt meine langen Haare, welche sanft mit ihm getragen werden und sich dann wieder an meinen Hals legen.
Ich schaue dem Bussard noch kurz hinterher. Schon ist er hinter den Baumwipfeln verschwunden.
Er ist so frei.

Einst habe ich geglaubt ich könne auch fliegen, aber ich weiß kaum mehr wie es sich angefühlt hat, zu lange ist es her.
Vielleicht ist es gut, wenn ich vergesse wie dieses Gefühl war, welches mich damals so beflügelte, doch heute nur noch wie ein schwerer Stein auf meiner Brust liegt.
Ich wende mich wieder dem Gras zu, es ist frisch und saftig. Die Wiese ist kein bisschen abgegrast. Nachdem ich ein paar Grashalme gerupft habe sehe ich wie meine Freundin auf mich zukommt.
Ich grummel ihr freudig zu und sie stellt sich neben mich, damit wir uns gegenseitig kraulen können. Ich weiß genau an welcher Stelle es ihr juckt und sie weiß wo ich es mag gekrault zu werden. Wir kennen uns gut, wir sind wahre Freunde.

Doch warum hört sie auf? Stimmt etwas nicht? Was sind das für Geräusche?
Ein Knall.

Mein ganzer Körper zuckt heftig zusammen. Eine Boxentür donnert gegen den Stopper der Schiene, in der sie eingehängt ist.
Der Wallach aus meiner Nachbarbox wird herausgeführt. Das macht mir nichts, wir sind keine Freunde. Wer will mit ihm befreundet sein? Er ist immer still, ich glaube er hat aufgegeben.
Der Mensch ruft einem anderen etwas zu, dieser kommt sofort angelaufen und sie unterhalten sich.

Jetzt ist es vorbei mit der Ruhe, vorbei mit dem Träumen.
Wieder haben sie mich aus meinem Versteck zurück in diese grausame Realität gerissen.
Meinem einzigen Versteck, das mir noch vor ihnen geblieben ist.

Den Pferden Freiheit schenken

Mein Drang, Pferden Freiheit zu ermöglichen, war immer schon sehr groß. Ich liebe beispielweise die Freiarbeit, aber ganz besonders wichtig ist mir, den Pferden auch auf mentaler und emotionaler Ebene eine Freiheit zu ermöglichen.

Die Freiheit, seine Meinung zu sagen,
die Freiheit, Emotionen zu äußern,
die Freiheit, einen schlechten Tag zu haben,
die Freiheit, Pferd zu sein.

Gebrochene Pferde

Zu oft habe ich in Pferdeaugen geschaut, die einfach nur leer waren. Zu oft habe ich Resignation gesehen. Ein Pferd kann auf viele verschiedene Arten gebrochen werden. Nicht nur durch körperliche Gewalt, sondern auch – und in den letzten Jahren vor allem – auch durch psychische und emotionale Gewalt. Dieses Brechen der Pferde wird auf verschiedenste Weise als „richtig“ verkauft:

Das Pferd müsse desensibilisiert werden.
Das Pferd müsse lernen, dem Druck nachzugeben.
Das Pferd würde gefährlich, wenn der Mensch es nicht dominiert.

Wenn ich diesen Pferden jedoch in die Augen schaue, sehe ich keine gefährlichen Bestien. Ich sehe meistens sehr hilflose und verängstigte Geschöpfe, die nicht verstehen, warum so respektlos mit ihnen umgegangen wird.
Das Pferd ist nicht das Problem. Viel mehr ist es das System, in dem es leben muss. Und häufig auch unser eigenes Leiden, unter dem viele Pferde mit leiden müssen.

Hurt People hurt Horses.

Und gleichzeitig sehe ich so viele Menschen, die alles in ihrer Macht Stehende tun, damit es ihrem Pferd gut geht ❤
Sie hinterfragen den konventionellen Umgang mit Pferden und sie hinterfragen die konventionelle Haltung.
Sie informieren sich umfassend z.B. über Fütterung, medizinische Versorgung und Sozialverhalten.
Sie übernehmen die Verantwortung für ihr Pferd und sind sich nicht zu schade, selbst mit anzupacken.
Sie sind bereit das Umfeld des Pferdes und auch sich selbst zu verändern.

Das möchte ich hier einmal anerkennen!
Es gibt noch so viel zu verändern, es gibt noch so viel zu lernen.
Ich bin dankbar ein Teil davon zu sein.