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Kursbericht: Freiarbeit mit Pferden für Anfänger bei Chiara Lischka

Seit einigen Jahren erfreut sich die Freiarbeit mit Pferden immer größerer Beliebtheit. Besonders inspirierend ist das Training von Chiara Lischka, welches ich schon seit einigen Jahren über ihren Instagram-Account „unrulyhorses“ verfolge. Ihr einfühlsamer und respektvoller Umgang mit den Pferden hat viele Parallelen zu meiner eigenen Herangehensweise. Nach einer längeren Kurs-Pause aufgrund meiner Babypause und der Corona-Pandemie habe ich mich als Zuschauerin zu Chiaras Tagesseminar zur Freiarbeit angemeldet. In diesem Artikel möchte ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse mit euch teilen und einen Einblick in die Welt der Freiarbeit geben.

 

Ein vielseitiges Tagesseminar:

Das Tagesseminar begann mit einer kleinen Vorstellungsrunde, bei der die Teilnehmerinnen aus unterschiedlichen Reitweisen kamen. Von absoluten Anfängerinnen in der Freiarbeit bis hin zu einigen Erfahrungen mit Freiarbeit war alles vertreten. Chiara startete mit einer theoretischen Einführung, um den Unterschied zwischen Freiarbeit und Freiheitsdressur zu erklären und ein gemeinsames Verständnis für die Thematik zu schaffen.

 

Von der Theorie in die Praxis:

Am Vormittag ging es dann in die Praxis. Chiara stellte auch zwei ihrer eigenen Pferde für die Praxis zur Verfügung. Für den Einstieg in die Freiarbeit arbeiteten die Teilnehmerinnen mit den Pferden größtenteils am Strick. Der Fokus lag darauf, die Hilfengebung und Körpersprache so einzusetzen, dass der Strick letztendlich überflüssig wird. Es wurden verschiedene Führübungen durchgeführt, bei denen die Teilnehmerinnen Einblicke in die Körpersprache der Pferde erhielten und den Trainingsaufbau für die Freiarbeit kennenlernen konnten.

 

Mittagspause und interessante Gespräche:

In der Mittagspause wurden die Teilnehmerinnen mit leckerem Essen verwöhnt und hatten die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Es wurden interessante Gespräche rund um die Themen Pferd, Hund und Fotografie geführt. Besonders spannend war, dass die Fotografin und Videografin Linda Rohde den Kurs begleitete und Momente des Seminars festhielt.

 

Die 2. Runde am Nachmittag:

Nach der Mittagspause ging es in die zweite Runde des Seminars. Chiara präsentierte mit ihrem Shetty Fritzi nicht nur Freiarbeit, sondern auch Lektionen aus der Freiheitsdressur und Zirzensik. Die Teilnehmerinnen waren beeindruckt von den Vorführungen und konnten auch selbst mit dem erfahrenen Shetty ein Steigen, den spanischen Schritt und einen Slalom um Hütchen ohne Strick abrufen konnten. Es zeigte, dass die Freiarbeit eine wunderbare Möglichkeit bietet, eine harmonische Zusammenarbeit mit dem Pferd aufzubauen.

 

Die Bedeutung der Aufmerksamkeit des Pferdes:

Während des Seminars wurden zwei entscheidende Faktoren für das Gelingen der Freiarbeit deutlich. Der erste Faktor war die Aufmerksamkeit des Pferdes. Selbst die schönsten Lektionen sind nutzlos, wenn das Pferd abgelenkt ist und sich mehr mit der Umwelt, als mit dem Menschen oder der Übung beschäftigt. Im Seminar wurde auf verschiedene Möglichkeiten zurückgegriffen, um die Aufmerksamkeit des Pferdes zu gewinnen:

  • Die simpelste Lösung:
    Sich über Geräusche, Bewegungen und Berührungen beim Pferd bemerkbar machen.
  • Auf das Bedürfnis des Pferdes eingehen:
    So wurde z.B. das Bedürfnis der Pferde nach Sicherheit berücksichtigt, indem die Teilnehmerinnen ihren Pferden ganz in Ruhe die Halle gezeigt haben. Zwei Stuten haben am Vormittag auch gemeinsam in der Halle die Einheit absolviert, weil sie sich zusammen einfach sicherer fühlten.
  • Trainingsmanagement:
    Es wurde berücksichtigt, wann das Pferd welche Übung am besten machen konnte. War es gerade eher ruhig oder wollte es sich bewegen? Fritzi z.B. wollte anfangs unbedingt das Ablegen zeigen. Er war mit den Gedanken immer wieder bei dieser Lektion und suchte einen passenden Moment, um sich hinzulegen. Also durfte er (auf Kommando) diese Lektion zeigen und konnte sich danach viel besser auf die anderen Lektionen einlassen.
  • Reizarme Umwelt schaffen:
    Auch ein sehr schönes Beispiel. Während des Kurses fanden Baumarbeiten auf dem Hof statt. Die lauten Geräusche hätten die Teilnehmerpferde zusätzlich abgelenkt, also wurde mit den Mitarbeitern abgesprochen, zu welchen Zeiten es ungünstig war, die Kettensäge anzuschmeißen.

 

Das genaue Zielbild im Kopf:

Der zweite Faktor war das genaue Zielbild bzw. innere Bilder des Menschen. Es wurde betont, wie wichtig es ist, eine klare Vorstellung von der gewünschten Übung zu haben. Dadurch fällt es leichter, die entsprechende Körpersprache und Energie zu vermitteln. Der Mensch kann also eine präzisere nonverbale Erklärung der Übung geben. Außerdem kann er durch das Zielbild auch viel klarer und eindeutiger auf Verhalten reagieren, welches nicht gewollt ist. Sollte das Pferd beispielsweise, wenn es rückwärts treten soll, ein Steigen anbieten, sollte es für sein Verhalten nicht bestraft werden. Die Reaktion des Menschen sollte eher aussagen: „Steigen ist auch schön, aber es entspricht nicht dem Zielbild, welches ich habe. Ich erkläre dir nochmal, was ich mir vorgestellt habe, dann kommst du sicher drauf.“

Gleichzeitig ist in so einer Situation wichtig, nicht plötzlich zur Übung des Steigens zu wechseln, sondern das Ziel (Rückwärts) weiterhin im Kopf zu haben. Am Ziel dran zu bleiben und es klar zu kommunizieren, schafft Orientierung und Sicherheit für das Pferd. Natürlich kann eine Trainingseinheit auch ganz bewusst mit einem offenen Ziel oder dem Ziel „Spiel und Spaß“ durchgeführt werden, in der die kreativen Vorschläge des Pferdes aufgegriffen werden. Gerade für Anfänger:innen im Bereich der Freiarbeit, sind eine Struktur und ein Ziel für das Training jedoch sehr wichtig.

 

Der Einsatz von Druck ist nötig, aber auf das WIE kommt es an:

Wir brauchen Druck, um mit dem Pferd kommunizieren und es beeinflussen zu können. Sobald wir in das Umfeld des Pferdes treten, sobald wir es rufen, schnalzen oder berühren, beeinflussen wir das Pferd. Wir üben Druck aus. Und das ist ok für das Pferd. Wir brauchen ihn, um mit dem Pferd kommunizieren zu können. Es gibt jedoch auch Arten von Druck, denen das Pferd versucht sich zu entziehen (z.B. mit dem Gertenknauf feste gegen die Brust klopfen).

Wenn mein Pferd nun nicht auf ein „Steh!“ anhält, sondern der Druck immer bis hin zum Klopfen mit dem Gertenknauf gesteigert werden muss, habe ich in der Freiarbeit mit Pferden ein Problem: Es hat ohne den Strick die Möglichkeit sich zu entziehen und wird sich wahrscheinlich im nächsten Moment von mir verabschieden. Was kann ich da tun? Wie kann ich Druck so anwenden, dass das Pferd nicht den Wunsch verspürt, sich zu entziehen, sondern bei mir bleibt und mit mir kooperiert, auch wenn der Strick ab ist?

Sehen wir mal bitte von der gewaltsamen Möglichkeit ab, das Pferd im Roundpen oder auf dem Reitplatz so lange zu scheuchen, bis es sich nicht mehr dem Druck entzieht, weil es gelernt hat, dass dann nur noch größerer Druck (Scheuchen) folgen wird.

In meiner PDF „Alternativen zur Drucksteigerung“ habe ich drei Möglichkeiten zusammengefasst, die auch in der Freiarbeit helfen können, den Druck als Mittel zur Kommunikation, statt als Mittel zur Bestrafung, einzusetzen. Melde dich hier zum Newsletter an und erhalte die PDF für 0€.

Alternativen zu Druck Kira Brauer Pferdetraining

 

Mein großes Ziel – Ein Training ohne Bestrafung:

Für mich bedeutet eine Training ohne Bestrafung nämlich auch, im Nachhinein kein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Mich nicht als „härter“ zu geben, als ich bin. Denn Sanftheit und Respekt sind die Schlüssel zu einer vertrauensvollen Beziehung zum Pferd. Und diese sollte doch der Hauptgrund sein, weshalb sich mein Pferd dazu entscheidet, in der Freiarbeit bei mir zu bleiben, oder?

 

Fazit:

Das Tagesseminar zur Freiarbeit mit Pferden war eine inspirierende Erfahrung. Chiara und die Teilnehmerinnen boten einen Einblick in eine respektvolle und harmonische Art der Zusammenarbeit mit Pferden. Die Bedeutung der Aufmerksamkeit des Pferdes, das klare Zielbild im Kopf und die richtige Anwendung von Druck sind entscheidende Faktoren für den Erfolg der Freiarbeit, welche einen Weg darstellt, um eine tiefere Verbindung und ein vertrauensvolles Miteinander mit deinem Pferd aufzubauen.

Inspirationen und Kurstermine von Chiara findest du auf ihrer Website oder auf ihrem Instagram-Account @unrulyhorses.

Lindas Fotos und Videos findest du neben Chiaras Account auch auf ihrem eigenen Account unter @lindarohdephotographie.

 

 

Finde deinen Weg direkt ins Herz deines Pferdes!

Alles Liebe ❤

Kira

Erstgespräch bei Kira Brauer

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